Studieren muss man sich leisten können

Die Frage nach den Kosten für ein Studium (Semesterbeitrag) hat schon seit der Gründung der Uni Bremen vor 50 Jahren die Studierenden beschäftigt und politisiert. Zentrale Fragen, wer für die Kosten aufkommen soll, wurden seitdem immer wieder diskutiert und sind auch heute noch Thema von Auseinandersetzungen. Im Folgenden wollen wir an zentrale Auseinandersetzungen zu diesem Thema erinnern und zeigen, dass die Kämpfe der Studierenden in den Jahren oft dieselben waren.

Auseinandersetzungen um die Erhöhung des Sozialwerksbeitrages.


Mitte der 70er Jahre kam es an der Uni zu einer Reihe von Auseinandersetzungen zwischen den Studierenden und dem Bremer Senat. Auslöser waren Pläne, das Sozialwerk (Studierendenwerk) stärker durch den Senat kontrollieren zu lassen. Die Studierenden befürchteten, dass dies eine Eingliederung in die behördlichen Strukturen und einen Abbau der Mitbestimmung bedeuten würde. Darüber hinaus waren es vor allem die geplanten deutlichen Beitragserhöhungen (5DM → 12DM), steigende Preise in der Mensa und Cafeteria und ein aus ihrer Sicht unzureichendes Angebot, was die Studierenden auf die Straße brachte. Es kam zwischenzeitlich zu einem Boykott und Blockade der Mensa. Diesem schlossen sich aber nicht alle Studierenden an, sodass einige als „Streikbrecher:innen“ versuchten, trotzdem in der Mensa zu essen. Hierbei kam es zu kuriosen Szenen, als der damalige Leiter der Mensa versuchte, Studierenden durch Seiteneingänge Zugang zur Mensa zu ermöglichen.

In den nächsten Semestern kam es immer wieder zu Steigerungen der Beiträge,was die Studierendenschaft gewohnt kritisch begleitete. Die Erhöhung des Sozialwerksbeitrages 1976 von 20DM auf 27 DM führte zu einem regelrechten Machtkampf zwischen Studierenden und dem Wissenschaftssenator Horst Werner Franke. Viele Studierende boykottierten die Erhöhung und zahlten einer Initiative des AStAs folgend nur den alten Beitrag. Der Senat reagierte darauf mit einer Sperrung der Mittel des AStAs und drohte den Studierenden mit Exmatrikulation, sollten diese den fehlenden Betrag nicht nachzahlen. Nicht alle wollten den Boykott mittragen, was zu einem Zerwürfnis zwischen Teilen der Studierendenschaft und dem AStA führte..

Zu einem negativen Höhepunkt kam es als Vertreter:innen des kommunistischen Spartakusbunds in Büros der Uni-Verwaltung eindrangen und dort Immatrikulationsbescheinigungen entwendeten. Dies führte zu bestürzenden Reaktionen aufseiten der Uni-Leitung als auch zu einer Distanzierung des AStAs. Auch die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf, sodass sich die Beteiligten einige Zeit später vor Gericht verantworten mussten.

Jetzt auch noch Studiengebühren?

Auch Anfang der 80er kam es zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen Studierenden und Senat um eine erneute Erhöhung der Sozialwerksbeiträge und den Anstieg der Mensapreise. Gleichzeitig wurde über die Schließung der Kindertagesstätte an der Uni sowie der Beteiligung der Studierenden an den Materialkosten für ihr Studium wie Chemikalien oder Skripten (Semestergelder) diskutiert. Dass der Senat versuchte auf ihre Kosten Haushaltseinsparungen vorzunehmen, während er flächendeckend große Konzerne wie die Vulkan oder Mercedes subventionierte oder Gelder für die Pferderennbahn aufbringen konnte, erzürnte die Studierenden besonders. Begleitet wurde der Kampf der Studierenden von bundesweiten Besetzungen der CDU Büros gegen die Einführung von Studiengebühren in Baden-Württemberg. 

Verwaltungsgebühren und Langzeit- Studiengebühren

Anfang der 2000er wurden Studiengebühren wieder verstärkt diskutiert. Zunächst beschloss der Senat 2004 gegen erhebliche Widerstände der Studierenden die so genannten Verwaltungsgebühren in Höhe von 50€. Im Vorfeld kam es zu einer Vielzahl von Protesten der Studierenden, was einen zweiwöchigen Streik an der Uni auslöste. Auch nach der Einführung wollten die Studierenden sich mit der Entscheidung nicht abfinden und boykottierten mit der Einrichtung eines Treuhandkontos gegen die Gebühren. Hierbei sollten die Studierenden den Betrag auf das von einem Anwalt verwaltete Konto einzahlen. Sollte dabei eine für die Aktion relevante Größe von ca. 25%-30% nicht erreicht werden, würde das Geld von Verwalter an die Uni überwiesen werden. So sollten die Studierenden geschützt werden und ein Boykott nur bei guten Erfolgsaussichten durchgeführt werden.

Parallel machten einige Klage verschiedener Unions geführter Bundesländer das Thema allgemeiner Studiengebühren wieder sehr aktuell. Das Bundesverfassungsgericht entschied 2005 zu Ihren Gunsten und erlaubte den Ländern eigene Studiengebühren einzuführen. In den darauffolgenden Jahren nutzten viele Bundesländer diese Möglichkeit. Auch der Bremer Senat diskutierte den neuen Handlungsspielraum. Da die eigenen Bürger:innen nicht übermäßig belastet werden sollten, wurde das sogenannte Landeskindermodell, was Studiengebühren nur für Nichtbremer:innen vorsah, eingeführt. Darüber hinaus wurden Langzeitstudiengebühren eingeführt, was jene betraf, die länger als 15 Semester studierten. Das Landeskindermodel wurde später durch das Verwaltungsgericht Bremen in Urteilen 2006 und 2007 für ungültig erklärt und bis zu einer Klärung vor dem Bundesverfassungsgericht ausgesetzt. Das BVerfG erklärte 2013 das Modell endgültig für verfassungswidrig.

Dieser Jahre dauernde Prozess wurde von Anfang an von großem Protest begleitet. Dieser nahm verschiedene Formen wie große Demonstrationen, aber auch kreative Aktionen an. Auffällig dabei ist, dass der Protest nicht auf einzelne Bundesländer beschränkt, sondern in weiten Teilen Deutschlands stattgefunden hat und gut vernetzt war. So kam es im Dezember 2005 in Bremen zu einer Demonstration mit Studierenden aus ganz Norddeutschland. Neben den Protesten, die halfen dem Thema Aufmerksamkeit zu verschaffen, war vor allem der Kampf vor Gericht entscheidend für ihr Anliegen. Leider galt dies nur für das Landeskindermodell. Die Langzeitstudiengebühren wurden erst am 14.07.2020 endgültig abgeschafft und die Verwaltungsgebühren sind bis heute noch ein für Studierende aktuelles Thema.